Samstag, 20. August 2011

Ja, das Schreiben und das Lesen...

©thaianonymus2011

Private Organisationen versuchen, Kleinkinder, Jugendliche und Erwachsene zum Lesen zu bewegen und geben dafür unterschiedliche Gründe an. Sie alle haben Recht, aber sie vergessen, dass es sich hierbei um eine Fortbildung handelt, die eine Bildung voraussetzt.

In Thailand wird außerordentlich wenig gelesen. Es wird angegeben, es gäbe noch nicht einmal ein Drittel so viele Bücher in Thailand, wie dem durchschnittlichen Europäer zur Verfügung stehen. Aber das sagt noch nichts über die Qualität und die angebotenen Themen der Bücher aus, nur, dass es viel weniger sind. Es gibt keine verlässlichen Angaben darüber, wie wenig tatsächlich gelesen wird. Nur wenige Buchhandlungen sind zu finden und die sehen nur wenige Kunden. In der Öffentlichkeit sind nur selten Menschen zu sehen, die lesen. Dabei handelt es sich um Zeitungen, zumeist Thai-Rath, vergleichbar mit der deutschen Bildzeitung, Comic-Hefte und Hefte mit Liebes- und Kriminalromanen, also keine Literatur, von der man behaupten kann, dass sie Bildung fördert.

Es sind mehrere bewunderungswürdige Privatinitiativen, die sich um eine Verbesserung der Volksbildung, oder auch um den lukrativen Verkauf von Büchern bemühen. Das ‘Book Start’ Projekt der Stiftung „Bücher für Kinder“ bringt Bücher für Säuglinge und Kleinkinder heraus, aus denen die Eltern ihren Kindern vorlesen sollen. Mehrere Organisationen bemühen sich um die Verbreitung von Büchern und preiswerte Angebote für Schüler, Jugendliche und Erwachsene. Die Medien berichten über Büchermärkte und Neuerscheinungen und suggerieren ein reichhaltiges Angebot an Literatur sowie die Notwendigkeit der Information und des Lesens.

Aber es reicht nicht, zu sagen, dass Bücher Bildung vermitteln und dass mehr Bücher gelesen werden müssen, weil sie wichtige Informationen enthalten und man in anderen Ländern auch mehr Bücher liest. Und niemand überlegt sich, warum so wenig Interesse an Büchern besteht.

Bücher sind nicht schlichtweg Bildung, sondern Fortbildung. Sie bedürfen einer Grundlage, eines Basiswissens, um verstanden werden zu können. Das bezieht sich nicht nur auf die Kenntnis der Buchstaben. Bücher bedienen sich der Sprache und beruhen auf Abstraktionen. Um Bücher lesen und verstehen zu können, bedarf es nicht nur der Abstraktionsfähigkeit und der Kenntnis vieler Wörter; die Wörter müssen auch verstanden werden.

Wenn ein Minister behauptet, frühzeitiges Lesen helfe bei der Entwicklung von Emotionen, so muss dies falsch verstanden werden. Abstraktionen können keine Gefühle schaffen, weder die Schrift noch das Denken sind dazu in der Lage. Sie können nur an Gefühle erinnern, die man zuvor erlebt hat. Zuneigung, Verständnis, Verzweiflung, Schmerz etc. muss man erst erlebt und empfunden haben, um das abstrakte Wort verstehen zu können.

Belletristik kann man als Sachbücher des Lebens verstehen, die Situationen des Lebens, Lebensmöglichkeiten, zwischenmenschliche Aktivitäten und damit viele Gefühle schildern, die im Zusammenleben entstehen und vermittelt werden. Die lassen sich aber nur dann richtig verstehen, wenn man sie zuvor kennengelernt hat.

Die thailändische Gesellschaft ist emotional unterentwickelt. Die weitaus meisten Thai leben innerlich vereinsamt wie Autofahrer ohne Rückspiegel und Seitenfenster; sie können keine anderen Menschen sehen, geschweige denn verstehen, empfinden oder sich in sie einfühlen. Das ist eine Folge des spiritistischen Glaubens, der den größten Teil dessen ausmacht, was sie ihre buddhistische Religion nennen. Sie lernen in ihrer Kindheit, dass sie ihren Eltern und den Vorfahren Respekt schuldig sind, dass sie ihren Eltern und den Geschwistern helfen müssen. Alle anderen Menschen sind fremd, nicht ein schätzbar, unverständlich und gefahrbringend.

Das ist zutreffend, denn sie lernen während ihrer Kindheit nicht, wie sie andere Menschen verstehen und mit ihnen leben können. Dem Säuglingsalter entwachsen, erhalten nur wenige Kinder von ihren Eltern die nötige Wärme, Zuneigung, Verständnis oder gar Liebe. Vielen bleiben die Gefühle, die das Leben ausmachen, fremd und unverständlich. Sie flüchten aus dem nicht lebbaren Leben in den Versuch, Geld zu machen, um zu überleben, oder in den Rausch der Drogen. Man rät ihnen, Bücher zu lesen, weil das die Emotionen fördert. Im Stadium unterentwickelter Gefühle vermittelt das Lesen nichts als Angst vor dem Unverständlichen, vor dem Leben.

Wenig hilfreich ist hier die Schule, die den Kindern das Schreiben und das Lesen lehren soll. Im thailändischen Schulsystem werden die Schüler, die Fehler machen, nicht etwa gefördert, sondern bestraft. Wer lernt, macht zwangsläufig Fehler, sonst brauchte er nicht zu lernen. Damit lernen die Schüler, dass sie Lesen und Schreiben müssen und dafür bestraft werden. So wird ihnen das Interesse am Lesen ab erzogen.

Es ist dringend erforderlich, Kindern als auch Eltern die Informationen zu geben, die ihnen helfen, andere Menschen zu verstehen und ihren Kindern Freunde zu sein, die ihnen Wege in ihr Leben zeigen. Es ist dringend nötig, dass die Regierung mit der Bevölkerung lebt und ihr Achtung entgegenbringt, um zu zeigen, was das ist, und eine öffentliche Informationspolitik betreibt.

Erforderlich sind eine bessere Lehrerausbildung, Informationen über die Medien, die Aufnahme von Fächern wie Sozialkunde oder Psychologie an den Schulen und die Schaffung von Jugendzentren und Fortbildungsmöglichkeiten für die Jugend.

Doch was unternimmt die Regierung? Sie lässt Heerscharen geistig und emotionell unterentwickelter Menschen heranwachsen, die als Arbeitslose herumlaufen, weil sie nicht einmal einfache Arbeiten in der Industrie durchführen können. Sie freut sich über die Privatinitiativen, mit denen sich in den Medien belegen lässt, wie viel Mühe man sich in Thailand um die allgemeine Volksbildung gibt. Und sie freut sich über die vielen hilflosen Menschen, die eine Regierung wählen, von der sie Hilfe und ein besseres Leben erwartet

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