Freitag, 12. August 2011

Lieber Peter, viel geliebter Farang

©thaianonymus2011

Ich bin ein anständiges Mädchen aus einem Dorf in Nakhon Sawan. Als ich nach Pattaya kam, habe ich meinen Eltern geschrieben, wie das Leben hier ist. Mein Papa hat gesagt, ich soll das den Farang schreiben und übersetzen lassen, damit sie wissen, was wir von ihnen halten und von uns etwas lernen können.

Mein Dorf ist das Zentrum der Welt. Zusammen mit vielen anderen Dörfern und Ansiedlungen bildet es Thailand. Das ist das „Land der Freien“, das beste und größte Land der Welt. Andere Länder liegen weiter weg, deshalb können sie nicht so gut sein, wie Thailand.

Das kann man schon an den nächsten Ländern sehen, an Burma, Laos und Kambodscha, wo die Menschen nichts zu essen haben und keine Demokratie kennen, oder Malaysia, wo noch nicht einmal Buddhisten leben. Laos ist noch am besten, da versuchen die Leute, so ähnlich wie wir zu reden und manchmal können wir sie sogar verstehen. Die Leute in den anderen Ländern sind zu dumm dazu.

Die anderen Länder, die weiter weg liegen, sind noch viel schlimmer. Da gibt es noch nicht einmal Bildung, Benehmen oder Anstand. Da leben die Farang. Die haben viel Geld, aber die sind sehr neidisch auf uns, weil wir das beste Land sind. Deswegen bezahlen sie viel Geld, damit sie einmal unser Land sehen dürfen. Manche versuchen sogar, ihre versäumte Bildung nachzuholen oder zu lernen, wie sie sich anständig benehmen können. Sie versuchen, sprechen zu lernen, aber sie kommen über einige Worte wie beispielsweise maa nii, Bier, Mekong, Whisky, yen yen, reo reo, salop salai, taurai oder pai duai nur selten hinaus, weil sie zu dumm sind. Sie versuchen, Fleisch mit dem Löffel zu schneiden und können noch nicht einmal mit den Fingern essen, was doch hier jedes Kleinkind schon kann.

Viele können sich noch nicht einmal richtig anziehen. Während wir Thai Tätowierungen gegen böse Geister benutzen, meist heilige Zeichen, lassen sich die Farang Dolche, Schlangen, Drachen, Totenköpfe und nackte Frauen auf den Körper tätowieren, weil sie meinen, dass das schön aussieht und sie dann bei Frauen größere Chancen haben. Und weil sie nicht wissen, dass man ein Hemd anzieht, wenn man das Haus verlässt und mit Menschen spricht oder ausgeht, sitzen sie dann mit einer kurzen Hose in Bars oder Restaurants und zeigen einen dicken, nackten Bauch und ihre Tätowierungen. Das ist keine böse Absicht, sie wissen nicht, dass das nicht anständig ist, sie sind so dumm, dass sie glauben, sie wären schön. Weil die Farang das schön finden, lassen sich manche Mädchen jetzt schon Blumen, Herzen oder Schmetterlinge tätowieren.

Weil die Farang nichts gelernt haben und dumm sind, kommen viele in unser schönes Land, weil wir die schönsten Frauen haben. Und weil wir immer lächeln, glauben sie, dass die Frauen sie lieben, weil sie so schön sind. Dann suchen sie sich irgendeine Frau aus, nehmen sie mit in ihr Hotel und geben ihr viel Geld. Das Geld mögen wir schon, aber nicht die Farang. Mit denen gehen wir nur, weil wir das Geld brauchen. Manche Farang sind so fest davon überzeugt, dass die Frauen, die sie ins Hotel mitnehmen, sie lieben, dass sie ihnen später ein Auto, ein Haus und sogar eine Un-terschriftsvollmacht für ihr Konto geben. Daran sieht man, dass wir Thai viel klüger und viel besser sind, weil die Farang das bei sich zuhause nie tun würden. Manche Farang geben den Frauen alles, was sie haben, weil sie so schön sind und so schön lächeln, aber sie wissen nicht, dass viele Frauen nur lächeln, solange sie die Farang brauchen. Wenn die alles gegeben haben oder wenigstens genug, dass die Frau alleine leben kann, dann hören viele Frauen auf zu lächeln und gehen oder sie werfen den Farang aus dem Haus, das der ihnen früher einmal geschenkt hat.

Es gibt manche Farang, mit denen wir Mitleid haben, obwohl sie so dumm sind. Das sind Farang, die sich bemühen, sich anständig zu benehmen. Dann sagen wir ihnen, sie sollen sich die Haare und die Fingernägel schneiden, das Hemd in die Hose stecken und keinen Alkohol trinken. Weil sie vom Zentrum der Welt so weit weg aufgewachsen sind, wissen sie nicht, dass die Männer die Haare nur einen Zentimeter lang tragen dürfen und sich den Hinterkopf ganz kahl scheren müssen, wie Chamlong Srimuang das vorbildlich zeigt. Die Fingernägel müssen ganz abgeschnitten werden, wie das alle Männer im Dorf machen. Bei manchen Farang stehen die Fingernägel einen oder gar zwei Millimeter über der Haut hervor, das ist sehr unanständig und kein Mann würde in unserem Dorf so unordentlich herumlaufen.

Wenn wir schon so nett sind, den Farang zu sagen, wie sie sich benehmen müssen, dann sind die Farang immer noch uneinsichtig und viele zeigen sich trotzig und werden geradezu frech. Manche fragen, ob wir das auch den älteren Leuten in unserem Dorf sagen würden. Selbstverständlich nicht, denn das wäre sehr unhöflich. Aber die Farang verstehen nicht, dass das ja Thai sind, thailändische Menschen. Andere fragen, wie wir uns fühlen, wenn wir in ein Restaurant oder einen Laden gehen und eine Vierzehnjährige sagt uns, wir sollen uns die Fingernägel schneiden oder die Bluse in den Rock stecken. Natürlich wäre das eine Unverschämtheit, aber wir sind doch Thai, wir sind Menschen. Die Farang wissen noch nicht einmal, dass der Wert des Menschen immer noch nach dem alten Sakdina - System gemessen wird. Danach können hohe Beamte sehr viel Land haben, kleine Beamte können viel Land haben, gewöhnliche Bürger und Geschäftsleute können etwas Land haben, Bauern nur noch vierzig Hektar und Ausländer dürfen gar kein Land haben; sie haben keinen Wert in der Gesellschaft. Deshalb hat die thailändische Regierung auch nie die Menschenrechte für Minderheiten unterzeichnet, weshalb die Lahu, Lisu, Meo, Farang und so weiter in Thailand keine Menschenrechte beanspruchen und sich nicht als Menschen bezeichnen können. Sie müssten doch wissen, dass sie nie als Mensch bezeichnet werden, denn wir sprechen von einem „kon djet rongtau“ (Mensch Schuhputzer), „kon kamoj“ (Mensch Dieb), „kon tamruat“, (Mensch Polizist), „kon Thai“ (Mensch Thailänder) „kon komejn“ (Mensch Kambodschaner) oder „khon tang dao“, (Mensch Ausländer), aber nur vom „Farang“ (westlicher Ausländer), weil wir ihn nicht als Menschen akzeptieren. Aber die Farang sind zu dumm, das zu verstehen.

Auch die Regierungen der Länder, in denen die Farang geboren werden, wissen, dass die Leute dumm sind, deshalb müssen sie viel länger in die Schule gehen als wir, mindestens neun oder zwölf Jahre, während wir auf dem Land nur vier oder sechs Jahre zur Schule gegangen sind und viele Kinder gar nicht zur Schule zu gehen brauchen, weil wir Thai schon klug geboren werden. Viele Ausländer sind zu dumm zum Arbeiten, die kriegen dann von ihren Regierungen Geld, damit sie sie in ihrem Land nicht länger stören und hier leben können, besonders wenn sie älter werden.

Selbst für den Sex sind sie zu dumm. Viele Farang finden in ihren Ländern keine Frauen, deshalb müssen sie den Frauen hier Geld geben, damit sie mit ihnen ins Bett dürfen. Schon die jungen Burschen in unseren Dörfern sind da viel klüger. Sie lauern einem Mädchen auf oder laden es zu einem Spaziergang oder einer Fahrt mit dem Motorrad ein und haben dann Sex, ob das Mädchen will oder nicht. Dafür brauchen sie dann nicht zu bezahlen und können im Dorf erzählen, wie sie sich vergnügt haben, dann werden sie als Helden gefeiert und das Mädchen ist nicht mehr anständig und kann sich im Dorf nicht mehr sehen lassen, weil es öffentlich als Hure bezeichnet und verspottet wird.

Ich war immer anständig, mich haben sie nie erwischt. Ein Mädchen verliert im Dorf sein Gesicht, wenn es mit einem Mann Sex gehabt hat. Nur wenn es dabei gut verdient, dann hat es wieder ein besseres Ansehen, weil es sich dann nicht einer Lust hingegeben, sondern etwas verkauft hat und dafür Geld bekommen hat. Es war gescheit und hat Geld gemacht, und Geld gibt Macht und Freiheit und so kann man mit Sex ein gutes Geschäft machen.

Aber auch für das Sexgeschäft sind die Farang zu dumm, obwohl sie doch wirklich alt genug sind, dass sie hier ihre Erfahrungen gemacht haben müssten. Früher wurden die Frauen an einer Bar ausgelöst und ohne irgendwelche Preisabsprachen ins Hotel oder nachhause mitgenommen. Man besprach höchstens, was man zusammen unternehmen will oder was die Frauen tun sollen und dann wurden sie je nach ihrer Leistung bezahlt. Wenn sie durchschnittlich waren, bekamen sie meist fünfhundert Baht, wenn sie gut oder ganz besonders gut waren, bekamen sie vielleicht siebenhundert oder auch eintausend Baht, und wenn sie nicht gut oder wirklich schlecht waren, dann bekamen sie eben nur dreihundert oder zweihundert Baht, denn eine Frau, die mit einem Mann ins Bett geht, kann dafür kein Geld verlangen, sie kann keine Rechnung schicken und schon gar nicht zur Polizei gehen, um ihre Forderung durchzusetzen.

Aber die Farang wollten unbedingt wissen, was sie zahlen müssen, ohne die Leistung zu kennen, für die sie bezahlen. Deshalb fragen die dummen Farang vorher, wie viel Geld die Frau haben will und die ist dann klug genug, siebenhundert, eintausend Baht oder auch mehr zu verlangen. Wenn der Farang damit einverstanden ist, braucht die Frau sich nur noch auf den Rücken zu legen, denn der Preis steht ja schon fest. Manche Farang sind sogar so dumm, dass sie Geld bezahlen, aber dennoch nicht merken, dass das ein Geschäft ist. Sie sprechen von Liebe und zahlen noch viel mehr. Sie wissen nicht, dass man einen Menschen wenigstens etwas kennen muss, um ihn lieben zu können. Sie sprechen von Liebe, wenn sie eine Frau mit einer passenden Figur gefunden haben. Die Frau muss dann so tun, als wenn sie den Farang liebt, obwohl sie ihn gar nicht mag, nur damit sie Geld verdient.

Aber das ist dann harte Arbeit, die die meisten Frauen nicht lange Zeit durchhalten können, besonders dann nicht, wenn sie den Mann überhaupt nicht mögen. Aber wenn sie dabei besonders gut verdienen, dann schaffen sie es manchmal mehrere Jahre. Oft brauchen sie danach nicht mehr arbeiten zu gehen, dann geht der Farang wieder arbeiten, weil er zu dumm war, um in Ruhe ohne Frau zu leben.

Viele Farang kommen nach Thailand, weil sie glauben, dass sie schlauer sind, als wir und hier reich werden können, andere glauben, dass sie sich irgendeine Frau aus einer Bar holen und nun bis ans Ende ihres Lebens glücklich leben können.

Und fast alle Farang, die nach Thailand kommen, glauben, dass wir die Farang lieben, so dumm sind sie. Es kann schon einmal vorkommen, dass eine Frau einen Farang mag, schließlich sind auch bei uns nicht alle Menschen sehr klug. Aber grundsätzlich lieben wir nur ihr Geld, die Farang können zuhause bleiben, wenn sie uns nur ihr Geld schicken. Viele Farang würden sich dabei viel Ärger ersparen. Deswegen sollten Farang, die nach Thailand kommen wollen, sich gründlich überlegen, was sie hier suchen und mit zwei, drei Bekannten und möglichst auch mit einer oder zwei Frauen aus ihrem Heimatland darüber sprechen, damit sie ihre Wunschträume und verdrehten Erwartungen korrigieren können, bevor sie hier herkommen und damit sie wissen, was sie hier suchen. Wenn sie das genau wissen, dann können wir ihnen das bestimmt verkaufen, wenn sie gut bezahlen. Wenn die Farang Sex haben wollen, dann werden wir ihnen den verkaufen und wir können uns und sie sich viele Probleme ersparen.

In der Hoffnung auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit verbleibe ich mit freundlichen Grüßen als Ihre liebevolle

Khunying Lek Sa - Tire

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